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Was kommt noch?

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Und dann holt dich wie so oft die Geschichte ein.

eberau

Während man hier in Österreich überlegt, wo man wie wen unterbringen könnte, halte ich eine Ausgabe der Wiener Geschichtsblätter in Händen, in denen sich Fritz Keller auf 15 Seiten mit meinem Großvater beschäftigt. Sehr interessant, leider nicht online verfügbar.

Walter Rafelsberger muss neben Adolf Eichmann als jener Mann angesehen werden, der für das, was die nationalsozialistische Propaganda als “Rassesieg von Wien” feierte, zentral verantwortlich war.

Nach Kriegsende taucht sein Name in den ersten Listen der österreichischen Kriegsverbrecher auf. Er taucht unter, wird aber Anfang 1947 verhaftet.

Nach seiner Verhaftung waren gegen Rafelsberger gleich drei Verfahren bei den Volksgerichten Innsbruck, Linz und Wien und zwar nicht nur wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen nach dem Verbotsgesetz, sondern auch wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung anhängig.

Im September 1947 wird er nach Nürnberg überstellt. Und nach einer dortigen Einvernahme durch die dortigen US-Ermittler auf freien Fuß gestellt. Natürlich taucht er wieder unter. In Österreich wird wieder nach ihm gefahndet, allerdings auf eine Art und Weise, die erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieses Unterfangens aufkommen lässt. Der Stadthauptmann des Polizeikommissariats Währing dazu …

”Der Genannte hat hieramts keine nachteiligen Vormerkungen und ist an seinem Wohnort politisch nie in Erscheinung getreten. Ob sich der Genannte während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft an irgendwelchen Aktionen gegen Politisch-Andersdenkende oder Juden beteiligte, jemanden denunzierte oder sonst eine verwerfliche Handlung beging, eine Funktion inne hatte [sic!] oder größere Geldbeträge für die NSDAP spendete, konnte nicht ermittelt werden.”

Ihm gelingt die Flucht nach Südtirol und er wird dort später Generalvertreter der Jenbacher Motorenwerke für Italien.

Wie und warum die Flucht gelang, macht natürlich stutzig. Fritz Keller dazu: “Von Seiten sämtlicher Alliierten bestand generell wenig Interesse an der Strafverfolgung von Tätern aus Kreisen von Kultur und Wirtschaft.” Die Freilassung durch die US-Behörden fassten die österreichischen Behörden als ein eindeutiges Signal zur völligen Untätigkeit auf.

Und vor allem …

Ein Volksgerichtshof-Prozess gegen Rafelsberger hätte zwangsläufig zum innenpolitisch nicht erwünschten Aufrollen der Fragen nach den Profiteuren der “Arisierungen” mit sich gebracht und damit den von maßgeblichen politischen Akteuren gewollten Prozess der Restauration gesellschaftlicher Verhältnisse behindert. Einflussreiche Lobbyisten aus Politik und Wirtschaft hatten deshalb jedes Interesse Rafelsberger zu decken und jede Beschäftigung der Medien mit seinem “Fall” zu verhindern. Die Ressentiments gegen Juden bestanden nach 1945 weiter und besonders Schreibtischtäter wie Rafelsberger konnten auf ein breites Verständnis sowohl in der österreichischen Bevölkerung als auch bei den neuen politischen Eliten rechnen.

Zitate aus Wiener Geschichtsblätter (2002/1)

Siehe auch: de.wikipedia.org/wiki/Walter_Rafelsberger